1. Kurzbeschreibung des Elements:
Seit nachgewiesener Zeit von 120 Jahren hat sich in Ebensee ein eigentümlicher Faschingsbrauch entwickelt und erhalten: Der Fetzenzug am Faschingmontag.
Ob von den Ausseer „Flinserln“ abgeschaut oder als Parodie auf bürgerliches Faschingstreiben eingerichtet bleibt dahingestellt. Statt teure Stoffe und Edelsteine kleidete man sich in Ebensee jedenfalls in alte Frauenkleider, welche mit Stofffetzen und ähnlichem Zierrat geschmückt wurden. Gleichzeitig verdeckte man sich das Gesicht, um der Obrichkeit, den „geliebten“ Nachbarn und Verwandten endlich die Meinung sagen zu können.
Aus diesen als Fetzen bezeichneten Faschingsnarren formte sich ein Umzug, der von der Ortschaft Kohlstatt beginnend bis zum Rathaus der Marktgemeinde Ebensee führt. Heute ist dieser Umzug am Faschingmontag der Höhepunkt des ohnehin als heilig geltenden Ebenseer Faschingsgeschehens.
Heutzutage treffen sich am Faschingmontag beim Gasthaus Langbathtal (Neuhütte) die „Fetzen“. Diese tragen ein“ Fetzengewand“ aus alten Frauenkleidern, wo Lumpen („Fetzen“) aufgenäht werden. Der Kopf wird mit einem „Fetzenhut“ bedeckt: dieser Hut hat viele Gestalten, Grundlage ist entweder ein alter normaler Hut oder ein extra aus Karton und ähnlichen Materialien hergestellter. Verziert wir er mit Kunstblumen, bunte Stofffetzen, Stofftiere, Vogelkäfige, ausgestopfte Raubvögel und vielen anderen Accessoires, der Fantasie wird keine Grenzen gesetzt. Das Gesicht wird mit einer kunstvoll geschnitzten („geschnegerten“) Holzmaske („Larve“) verdeckt. In der Hand werden noch weitere Utensilien mitgeführt, wie ein alter zerrissener Regenschirm, Reisbesen u.a.
Seit 1954 begleiten den Fetzenzug die Pritschenmeister. Sie wurden als „Fetzenpolizei“ dem Zug vorangestellt, um Auswüchse und unsittliche Übergriffe zu vermeiden. Heute dienen sie dazu genügend Platz in der Zuschauermenge für den Fetzenzug zu schaffen. Diese einem Harlekin sehr ähnlich gekleideten Ordnungshüter, tragen eine „Holzpritsche“ mit sich, mit der sie sich den gehörigen Respekt verschaffen. Dahinter beginnt der eigentliche Zug mit einer örtlichen Musikkapelle (Fetzenmusi). Gespielt wird vorwiegend der „Parapluie-Marsch“, der als „Fetzenmarsch“ zur Hymne der Ebenseer Nationalfeiertage geworden ist. Der Musik folgt die als Fetzen verkleidete Ebenseer Bevölkerung.
Jetzt wird es wichtig, dass die Verkleidung den Träger tatsächlich unkenntlich macht, denn nun erfolgt der eigentliche Höhepunkt: Das “Austadeln“. Das Ziel, jedes einzelnen Fetzen ist es nämlich, den Leuten ungeachtet ihrer gesellschaftlichen Stellung die ungeschminkte Wahrheit und Meinung öffentlich in Erinnerung zu rufen. Das Wort wird nun zur Waffe. Was während des Jahres unterdrückt wurde, wird nun mit verstellter Stimme und spitzen Worten zum Ausdruck gebracht. Manche Fetzen werden hier zu wahren Meistern des „Austadelns“.
Der geschlossene Zug geht bis zum Rathaus von Ebensee. Jetzt verteilen sich die Fetzen in den Gasthäusern von Ebensee, wo das amüsante Treiben weiter geht. Die Hartnäckigen unter Ihnen bleiben bis Mitternacht maskiert. Gefeiert wird noch bis in die frühen Morgenstunden des Faschingdienstags.
2. AntragsstellerInnen
Verein Ebenseer Fasching
Obmann: Präsident Johannes Scheck
Oberlangbath, Berggasse 33
4802 Ebensee
0699/103 421 54
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3. Name des Elements
Ebenseer Fetzenzug
Ebenseer Fetzenfasching
Fetzenmontag
Faschingmontag
4. Beschreibung des Elements
(a) Heutige Praxis
Als Höhepunkt des Ebenseer Faschings treffen sich am Faschingmontag in der Ortschaft Kohlstatt beim Gasthaus Langbathtal (Neuhütte) die „Fetzen“, um ihren traditionellen Fetzenzug abzuhalten. Die Fetzen tragen zu diesem Anlass ein“ Fetzengewand“. Dieses besteht aus alten Frauenkleidern, wo Lumpen („Fetzen“) aufgenäht werden, welche sich im Haushalt einer jeden Familie über das Jahr ansammelten. Der Kopf wird mit einem „Fetzenhut“ bedeckt: dieser Hut hat viele Gestalten, Grundlage ist entweder ein alter normaler Hut oder ein extra aus Karton und ähnlichen Materialien hergestellter. Verziert wir er mit Kunstblumen, bunte Stofffetzen, Stofftiere, Vogelkäfige, ausgestopfte Raubvögel und anderen Accessoires, der Fantasie wird hier keine Grenzen gesetzt. Das Gesicht wird mit einer kunstvoll geschnitzten („geschnegerten“) Holzmaske („Larve“) verdeckt. In der Hand werden noch weitere Utensilien mitgeführt, wie ein alter zerrissener Regenschirm, Reisbesen u.a.
Der Zug formiert sich um 15:00 Uhr. Allen voran stellen sich die Pritschenmeister (Ordnungshüter). Diese einem Harlekin sehr ähnlich gekleidete Ordnungshüter tragen eine „Holzpritsche“ mit sich, mit der sie sich den gehörigen Respekt verschaffen. Dahinter beginnt der eigentliche Zug mit einer örtlichen Musikkapelle (Fetzenmusi). Gespielt wird vorwiegend der „Parapluie-Marsch“, der als „Fetzenmarsch“ zur Hymne der Ebenseer Nationalfeiertage geworden ist. Der Musik folgt die als Fetzen verkleidete Ebenseer Bevölkerung.
Jetzt wird es wichtig, dass die Verkleidung den Träger tatsächlich unkenntlich macht, denn jetzt erfolgt der eigentliche Höhepunkt: Das “Austadeln“. Das Ziel, jedes einzelnen Fetzen ist es nämlich, den Leuten ungeachtet ihrer gesellschaftlichen Stellung die ungeschminkte Wahrheit und Meinung öffentlich in Erinnerung zu rufen. Das Wort wird nun zur Waffe. Was während des Jahres unterdrückt wurde, wird nun mit verstellter Stimme und spitzen Worten zum Ausdruck gebracht. Manche Fetzen werden hier zu wahren Meistern des „Austadelns“.
Der geschlossene Zug geht bis zum Rathaus von Ebensee. Jetzt verteilen sich die Fetzen in den Gasthäuser von Ebensee, wo das amüsante Treiben weiter geht. Die Hartnäckigen unter Ihnen bleiben bis Mitternacht maskiert. Gefeiert wird noch bis in die frühen Morgenstunden des Faschingdienstags.
(b) Entstehung und Wandel
Die Meinungen, wie lange der Fetzenfasching in Ebensee bereits Bestand hat, gehen weit auseinander. Einige glauben, dass der Brauch schon seit mehreren Jahrhunderten existiert, andere wiederrum meinen, der Brauch sei nicht so alt und entstand erst Anfang des 20igsten Jahrhunderts. Beweise in Form von Bildern scheinen Ende des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal auf. Auf diesen Bildern sind bereits Formen, die dem heutigen Fetzen sehr ähnlich sind, zu erkennen. Nach derzeitigem Stand des Wissens, kann man davon ausgehen, dass der Fetzen wie man ihn heute kennt, seit gut 120 Jahren existiert.
Über den Ursprung und den ursprünglichen Sinn des Fetzenzuges gibt es mehrere Vermutungen. Während die einen glauben, der Fetzenzug hat die Ausseer „Flinserl“ zum Vorbild, tendieren Andere zur Auffassung, die sozial niedrigere Schicht nutzte die Verkleidung zur Gesellschaftskritik und parodiert wohlgeordnete und aufwendige Faschingsveranstaltungen der bürgerlichen Klasse um genau das Gegenteil zu tun: einen losen, unorganisierten Umzug in alten Lumpen abzuhalten.
Gut dokumentiert ist der Fetzenzug seit etwa 1900. Zum Maskieren verwendete man alte Alltags Frauenkleider, welche einfach und ohne besonderen Aufwand „geschmückt“ wurden, den Kopf bedeckte ein alter Hut, ein Kopftuch oder eine Haube, das Gesicht wurde mittels einfachen Stoffschleier verdeckt. Die Verkleidung hat sich im Laufe der Zeit sehr stark verändert, wurde vielfältiger und passte sich immer wieder dem Lebensstandart der jeweiligen Zeit an. So wurden mit der Zeit Holzmasken verwendet, eine Zeit lang waren geschminkte Gesichter sehr modern. Trotzdem blieben viele Einzelheiten von den Anfängen erhalten.
Die Ausgangspunkte des Fetzenzuges veränderten sich im Laufe der Zeit. So formatierte sich der Fetzenzug Ursprünglich beim Gasthaus Alpensteig (Steinkogler), als dieses Gasthaus für immer seine Türen schloss, wurde das Gasthaus Wolfsgruber bis zum Jahre 1964 Ausgangspunkt. Seit diesem Zeitpunkt an treffen sich die Fetzen beim Gasthaus Langbathtal (Neuhütte) in der Ortschaft Kohlstatt.
Leider wurden beim Austadeln manchmal auch die Grenzen des guten Geschmacks überschritten, weshalb man sich entschloss, die Pritschenmeister als sogenannte „Fetzenpolizei“ zu installieren. Sie sollten hauptsächlich das „weibliche Geschlecht“ vor Übergriffen schützen. Die“ Pritschenmeister“ sind seit 1954 fester Bestandteil des Fetzenzuges.
In den 1970er und 1980er Jahren setzte sich das mit Stofffransen verzierte Fetzengewand durch. In dieser Zeit baute sich auch der Ruf über Ebensee hinaus auf, der Fetzenzug dient einem zügellosen Alkoholkonsum. Zahlreiche als Fetzen verkleidete nicht Ebenseer kamen und nahmen am Fetzenzug teil. Das Austadeln geriet fast in Vergessenheit, während Alkoholleichen den Fetzenmontag in ein schlechtes Bild rückten. Die lokale Bevölkerung reagierte und organisierte den Fetzenumzug wieder nach altem Vorbild, wo alte Frauenkleider, Fetzenhut, Holzmasken und Pritschenmeister den Fetzenzug prägten. Das Austadeln wurde wieder mehr kultiviert.
5. Dokumentation des Elements
Wiesauer Karl, 1993: „Der Fetzenfasching in Ebensee“; unveröffentlichte Diplomarbeit an der Universität Innsbruck; 140 Seiten.
Gillesberger Franz 1987: „Fasching“ in: „Brauchtum in Ebensee“; Ebenseer Fotoklub. Hsg Traudl Neubacher, Ebensee; Seite 34-53.
Rieder Walter, 2008: „Fasching in Ebensee „Faschingtag, Faschingtag, kim na baid wieda…!“; Hsg Verein IKES; 143 Seiten.
Fellner Johann, 2000: „Ebenseer Fetzenzug“; DVD 5:30 min. Privat
6. Geographische Lokalisierung
Ebensee (Inneres Salzkammergut, Bezirk Gmunden, Oberösterreich)
7. Eingebundene Gemeinschaften, Vereine, Personen und Art ihrer Beteiligung
Bevölkerung von Ebensee
Die Bevölkerung von Ebensee bildet den Fetzenzug, ohne deren Mitwirkung gäbe es keinen Umzug in dieser Form.
Salinenmusikkapelle Ebensee, Werkskapelle Solvay, Feuerwehrmusikkapelle Langwies
Die Musikkapellen leisten jedes Jahr einen essentiellen Beitrag zum Gelingen des traditionellen Fetzenzuges. Die musikalische Untermalung des Zuges ist seit jeher ein Bestandteil des Umzuges.
Maskenschnitzer
Die Maskenschnitzer gewährleisten, dass jeder Fetzen eine Holzmaske (Larve) zum Verdecken seines Gesichtes hat und somit von der Bevölkerung nicht erkannt wir, wenn er seine Sprüche über diese oder jene Person preisgibt.
Fetzengewandnäherinnen
Auch die vielen Fetzengewandnäherinnen die in Ebensee zu finden sind, tragen wesentliches zum Gelingen des Fetzenzuges bei.
IKES: Immaterielles Kulturerbe Salzkammergut, Obmann Dr. Ludwig Wiener, Haiden 311, 5351 Aigen-Voglhub: Interessensvertreter des immateriellen Kulturgutes im Salzkammergut; Schnittstelle zu anderen Kulturträgern und Organisationen; Veranstalter von Symposien, Informations- und Diskussionsveranstaltungen über immaterielles Kulturgut; Multiplikator.
Durch den Verein IKES werden die Weichen zur Nationalagentur für das Immaterielle Kulturerbe gestellt. Weiter unterstützt der Verein IKES den Verein Ebenseer Fasching beim Einreichen und beim Zusammenstellen der Bewerbung für das Kulturerbe „Traditioneller Ebenseer Fetzenumzug“.
8. Risikofaktoren für die Bewahrung des Elements
Leider wird das Brauchtum immer mehr zum Anlass genommen, Alkohol in großen Mengen zu konsumieren und somit gerät der eigentliche Sinn immer mehr aus den Blickwinkel der Beteiligten. Beim Zusammensitzen in Wirtshäusern steht in den meisten Fällen nicht mehr das „Austadeln“ im Vordergrund sondern der Alkohol. Dies ist vermehr bei einem Großteil der Jugendlichen in den ersten Jahren ihrer Fetzenkarriere zu erkennen.
Auch die Beteiligung am Fetzenzug der einheimischen Bevölkerung ist in den letzten Jahren sehr zurück gegangen. Dies hat mehrere Gründe. Einige sagen sich, es reicht am Abend in das Fetzengewand zu schlüpfen und in den vielen Lokalitäten, die zu Fasching in Ebensee geöffnet haben, dabei zu sein. Wieder andere meiden den Umzug aus dem Grund, da sie glauben, zu wenig über die Ebenseer zu wissen und so den eigentlichen Zweck, „das Austadeln“ nicht angemessen praktizieren zu können.
Viele haben auch durch deren Elternhaus zu wenige Informationen über das „Fetzengehen“ erhalten und können oft daher keine Beziehung zu diesem Brauch aufbauen.
9. Bestehende und geplante Maßnahmen zur Erhaltung und kreativen Weitergabe des Elements, z. B. im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, Bewusstseinsbildung, etc.
Mit der Aufnahme in die Liste als schützenswertes immaterielles Kulturerbe der UNESCO will man die Ursprünglichkeit, den Sinn, die Schönheit und die Eigenständigkeit des traditionellen Ebenseer Fetzenzuges hervorheben.
Mit der Gründung eines eigenen Faschingvereinsvereins ist die Bewahrung und Weitergabe der ausschließlich mündlichen Überlieferung des Fetzenmontagbrauchs gut abgesichert. Dieser Verein ist auch im allgemeinen Gesellschaftsleben der Region eingebunden und kann sich so auch nach außen darstellen. Dadurch kann das Interesse für die Jugend geweckt und die Tradition weitergegeben werden.
Den wichtigsten Beitrag zur Erhaltung und Weitergabe dieser Tradition leistet die Familie. Denn, jedes einzelne Mädchen und jeder einzelne Junge werden zu 90% von deren Familien in das Brauchtum integriert und werden somit neue Brauchtumsträger, die den Erhalt dieser originellen Tradition gewährleisten.