1. Kurzbeschreibung des Elements:

Am 5. Jänner, der letzten Rauhnacht und Vorabend des Dreikönigstages treffen sich Passen aus der Nachbarschaft einer Ortschaft oder eines Vereines, um zusammen den Glöcklerlauf durchzuführen. Dieser seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts dokumentierte Brauch ist gekennzeichnet durch das typisch weiße Gewand aller Läufer, durch das Tragen und Läuten von großen Glocken, dem Laufen von verschiedenen Figuren und dem Mittragen von Lichterkappen.

Die Lichterkappen werden von künstlerisch begabten Mitgliedern der Passen selbst gefertigt. Sie bestehen aus einem Gestell aus Holzleisten, welches mit (Pergament-, Ton- oder Papp-) papier überzogen ist. Durch das Ausstanzen von Ornamenten oder durch Ausschneiden von Bildern entstehen verschiedene Muster und Motive, welche mit verschiedenfärbigem Buntpapier hinterklebt werden. Im inneren der Kappe werden Kerzen entzündet, welche mit dem färbigen Muster die typischen Lichteffekte erzeugen. Die Kanten und Ränder der Kappen sind mit Papierfransen verziert.

Die Form der Kappen ist unterschiedlich. Ursprünglich mehrheitlich Figuren, setzen sich heute zunehmend geometrische Formen durch. Sehr beliebt sind Sterne. Jede Pass hat hinsichtlich der Kappenform, der Motive und der Anzahl der Kappen eigene Charakteristika, welche gerne bei behalten werden.

Den Glöcklerlauf beginnen Weisenbläser mit Hirtenweisen nach Einbruch der Dunkelheit um 18:00. Dann treffen sich die meisten Passen im Ortszentrum, um vor allem für die auswärtigen Besucher ihre Kappen und Lauffiguren vorzustellen. Danach beginnt der eigentliche Lauf, indem die Passen, angeführt vom Vorläufer (dieser trägt einen Stacköstecker anstatt einer Kappe) in ihre Ortschaft in einer Reihe laufen. Begleitet werden die Passen von einem oder mehreren Absammlern, und von einem so genannten Spion der die Aufgabe hat das niemand den Läufern zu nahe kommt und auch die Betreuung der Kappen (Kerzen anzünden, etc.) übernimmt. In den Ortschaften werden (Gast- )Häuser aufgesucht, vor denen Figuren (Kreislauf, Achter, Spirale) gelaufen werden und den Bewohnern ein gutes neues Jahr gewunschen wird. Als Dank gibt es Geld, manchmal auch Imbisse und Getränke. Ist die festgelegte Ortsrunde fertig gelaufen, werden noch in der Nacht die Kappen verstaut und über das Jahr für den nächsten Lauf wieder hergerichtet.

Der aus Ebensee stammende Brauch wurde durch Auswanderer oder Zuschauer in andere Orte getragen und in der Form der jeweiligen Zeit immer wieder der Ebenseer Tradition abgeschaut. Mittlerweile werden fast im gesamten Salzkammergut und darüber hinaus Glöcklerläufe nach Ebenseer Vorbild abgehalten.

2. AntragsstellerInnen

Ebenseer Glöcklerpassen

3. Name des Elements

Traditioneller Ebenseer Glöcklerlauf
D´Glöckla

4. Beschreibung des Elements

(a) Heutige Praxis

Glöcklerlauf:

Jeweils am 5. Jänner, der letzten Rauhnacht, treffen sich Glöcklerpassen zum Glöcklerlauf. Eine Pass besteht aus einem Vorläufer, 9 – 25 und mehr Kappenträgern, Absammlern und einer Betreuungsperson (Spion und Anzünder): alle in weißem Gewand und mit großen Glocken am Rücken. Das Geläut besteht aus einem Traggeschirr mit einer oder mehreren großen Kuhglocken. Jeweils in ihrem Gebiet beginnt der Glöcklerlauf mit Einbruch der Dunkelheit mit Weisenblasen. Etwa ab 18:00 treffen sich mehrere Passen im Ortszentrum um vor allem auswärtigen Gästen ihren Lauf vorzuführen. Der Vorläufer und die Kappenträger laufen hintereinander im Gänsemarsch und zeigen dabei auch Figuren (Kreis, Achter, Spirale), während die übrigen Absammeln. Alle trachten, ihre schweren Glocken laut tönen zu lassen. Zum Abschluss einer Vorführung bleibt die Pass stehen, knien auf ein Zeichen des Vorläufers nieder und wünschen den Anwesenden Glück und Segen für das kommende Jahr.

Danach läuft jede Pass in ihre Ortschaft, um vor ausgewählten (Gast-)häusern die Figuren zu tanzen und Segenswünsche anzubringen. Als Gegenleistung gibt es Geld, Imbisse (Krapfen) und Getränke. Die Laufdauer ist von Pass zu Pass unterschiedlich: während Kinderpassen eher kürzere Routen laufen, kann bei Passen entlegenerer Gebiete der Glöcklerlauf bis Mitternacht dauern.

Glöcklerkappe:

Deren Herstellung benötigt bis zu 500 Arbeitsstunden und erfolgt in mehreren Schritten:

Zuerst wird die Form entworfen, welche dem Gerüstbauer als Plan dient. Dünne Holzleisten werden zu der Form zurechtgebogen, zusammengeklebt und genagelt. Die Gerüstteile werden schließlich am Kopfbrett, in welches ein Hut eingefügt wird, befestigt.

In das Gerüst werden die Kerzenständer so angebracht, dass selbst der hinterste Winkel der Kappe noch beleuchtet werden kann.

Für die verschiedenen Teile der Kappe (Mittelteil, Spitzenteile und Rundumteile) werden Muster entworfen und auf das jeweils zugeschnittene Tonpapier übertragen. Sie werden mit Locheisen gestanzt oder mit dem Messer ausgeschnitten. Sämtliche Muster werden mit verschiedenfärbigem Buntpapier hinterklebt. Die fertig geklebten Teile werden auf das Gerüst "aufgezogen". Bestimmte Teile bleiben dabei aufklappbar, sodass die Kerzen zugänglich bleiben. Windlöcher erlauben den Abzug des Kerzenrauchs und der Wärme.

Gegen Witterungseinflüsse werden die Kappen außen lackiert oder mit feinem Pergament überzogen. Die Spitzen, Seitenkanten und das Kopfbrett können mit Seidenpapierfransen verziert werden.

(b) Entstehung und Wandel

Das "Geburtsjahr" des Ebenseer Glöcklerlaufes in unserer bekannten Form mit Lichterkappen ist unbekannt. Ursprünglich wurde am 5. Jänner, der letzten, feisten Rauhnacht der Brauch des "Anklöckelns" (kommt von "anklopfen") im gesamten Salzkammergut ausgeübt. Dabei zogen vermummte und/oder maskierte Burschen zu den Häusern, klopften mit einem Stock an, hatten zT Musik bei sich und führten Tänze auf und bekamen meist Getränke und Krapfen.

Der erste dokumentierte Hinweis stammt aus 1873 (Chronik von Gmunden): Hier werden Ebenseer Burschen beschrieben, welche mit Kuhglocken und transparenten Papierlaternen auf den Köpfen ausgestattet waren und im Gänsemarsch Tanzfiguren aufführten.

Über den Sinn gibt es unterschiedliche Meinungen: eine davon, dass es sich um einen weit in der vorchristlichen Zeit entstandenen heidnischen Brauch zu Ehren der Licht- und Feuergottheiten handelt, ist in der Minderheit. Die erste schriftliche Quelle nennt es einen "Mummenschanz als Vorfasching". Andere wiederum bringen es mit dem anschließenden Drei Königstag in Verbindung, indem einem Kometen die Hl. Drei Könige folgen.

Über den genauen Ursprung und Sinn herauszufinden, ist noch einige Forschungsarbeit nötig.

Nach derzeitigem Wissensstand entstand der Glöcklerlauf in Ebensee in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die weitere Entwicklung ging sehr schnell. Anfangs haben die Glöckler noch Masken getragen. Die Kappenformen reichten von Tierdarstellungen (Hirschkopf, Gimpel, Geißböcke, Haustiere, …) über Türme, Kirchen, bekannte Gebäude, Schiffen, Sternen bis zu aktuellen Neuerungen und Anlässen (Eisenbahnwaggon, Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josefs I).

Manche Passen behielten Figurenkappen. Insgesamt haben sich aber geometrische Figuren und deren Verbindungen (Sechseck, Spitzen, Halbkreise, Sterne, etc.) durchgesetzt. Meist finden sich Figurenmotive nur mehr bei den kunstvoll im Papier ausgeschnittenen Mustern und Darstellungen, welche durch den Lichteffekt zur Geltung kommen.

Von den ersten Beschreibungen an waren die Läufer weiß gekleidet und trugen Glocken mit sich. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Statt der Maskierung findet man heute höchstens noch Fransen am Hutgestell, welche das Gesicht einigermaßen verdecken.

Hatten ursprünglich alle Läufer Stecken mit sich, so tragen ihn heute meist nur mehr die Vorläufer. Die Vergrößerung der Kappen im Laufe der Zeit bewirkte, dass beide Hände zum Tragen der Kappen benötigt wurden.

Jede Pass hatte und hat seine eigenen Gepflogenheiten. Manche ließen früher nur unverheiratete junge Männer mitlaufen. Heute ist Heiraten kein Ausschließungsgrund mehr und seit einigen Jahrzehnten dringen auch Mädchen und Frauen in den verschiedensten Aufgaben des Glöcklerlaufens ein. Manche Passen fixierten selbst die Anzahl der mitlaufenden Kappenträger (vor allem gerade oder ungerade Zahl).

Von Anfang an wurde dieser Brauch durch Ebenseer Auswanderer einerseits und "Gastauftritte" andererseits rasch in andere Gebiete verbreitet. Den ältesten Nachweis dafür gibt es von 1879, als der Ebenseer Jäger Franz Heißl nach Hinterwildalpen (Salzatal, Steirermark) übersiedelte und diesen Brauch einführte, der bis heute in der ursprünglichen Ebenseer Form ausgeübt wird. Ähnliches wird aus Schörfling (Attersee) und anderen Gegenden berichtet. Oft verschwand in diesen Gegenden der Brauch wieder, um in jüngerer Zeit (Ende 19. JH) wieder in Anlehnung der nunmehrigen Ebenseer Tradition wieder eingeführt zu werden. Auch in den protestantisch dominierten Gegenden des inneren Salzkammergutes traunaufwärts von Ischl wird der Glöcklerlauf (wieder in Anlehnung an die nunmehrige Ebenseer Tradition) erst seit den letzten 2-3 Jahrzehnten durchgeführt.

5. Dokumentation des Elements

Der Ebenseer Glöcklerlauf ist so oft dokumentiert und wissenschaftlich bearbeitet, sodass hier nur eine kleine Auswahl angegeben werden kann:

Gillesberger, Franz, 1987: Brauchtum in Ebensee. Hsg: Ebenseer Fotoklub

Grieshofer Franz J.; 1978: Bemerkungen zum Alter des Glöcklerlaufens; In: Volkskultur, Mensch und Sachwelt; Festschrift für Franz C. Lipp zum 65. Geburtstag, hg. vom Verein f. Volkskunde, Wien S 113 – 122;

Jocher Hans, Mittendorfer Gottfried, 2001: 100 Jahre Rindbacher Glöcklerpasse 96 S. Eigenverlag

ORF Oberösterreich 1990: Fersehreihe "Ins Land einischaun": Rindbacher Glöckler

Rieder, Walter; 2000: "A Stegga, a weiß Gwand , a Kappm und a Glock´n"; Glöcklerlauf in Ebensee; Verlag Denkmayr, 109 S.

SWR Fernsehen Stuttgart, 2008: "Dreikönigs- und Januarbräuche" mit der Rindbacher Glöcklerpass.

Wolfram, Richard; 1955: Das Anklöckeln im Salzburgischen: in: Mitt. f. Sbg. Landeskunde, 95. Jg. S. 203 – 234.

6. Geographische Lokalisierung

Ursprung: Ebensee (Inneres Salzkammergut, pol. Bezirk Gmunden, Oberösterreich)

Ausgebreitet nun: Gesamtes oö. Salzkammergut und Wolfgangseeregion (mittlerweile bis Salzburg). Weiterverbreitung in die nördlichen und östlichen Randgebiete. Enklave in Wildalpen (Steiermark).

Die Schönheit des Glöcklerlaufens und der damit verbundene touristische Wert bringen es mit sich, dass der Brauch immer noch weiter ausstrahlt.

7. Eingebundene Gemeinschaften, Vereine, Personen und Art ihrer Beteiligung

Örtliche Bevölkerung

Feuerwehren, Brauchtums-, Sport und andere Vereine (siehe Antragsteller)

Katholische Kirche

IKES: Immaterielles Kulturerbe Salzkammergut, Obmann Dr. Ludwig Wiener, Haiden 311, 5351 Aigen-Voglhub: Interessensvertreter des immateriellen Kulturgutes im Salzkammergut; Schnittstelle zu anderen Kulturträgern und Organisationen; Veranstalter von Symposien, Informations- und Diskussionsveranstaltungen über immaterielles Kulturgut; Multiplikator.

8. Risikofaktoren für die Bewahrung des Elements

Wie bereits ausführlich dargestellt, ist der Glöcklerlauf eine Entwicklung aus der 2. Hälfte des 19. Jh., das seine Wurzeln im viel älteren Brauch des Anklöckelns hat. Das Datum, der 5. Jänner, und viele weitere Ausdrucksformen haben hier seine Wurzeln. Das Mittragen der Lichterkappen war das eigentliche Neue und hatte demnach in seinen frühen Jahren eine große Vielfältigkeit und Veränderbarkeit. Manche Passen formierten sich vereinsähnlich, wie die Rindbacher, deren "Schild" (ein geschnitzter Glöckler) die Jahrzahl 1902 trägt. 1908 wurde der Glöcklerlauf in Ischl zur Ehren des 60jährigen Regierungsjubiläums aufgeführt, die Kappen entsprechend angepasst. Zunehmend wurde er auch vereinsmäßig strukturiert, wobei auch nicht nur spezielle Glöcklerpassen entstanden, sondern auch z.B. der Verein der Ischler in Wien, der 1926 in Wien einen Glöcklerlauf veranstaltete.

In dieser Zeit wurden auch "außerterminliche" Glöcklerläufe durchgeführt, welche als Präsentation des Brauchtums angesehen wurden: Glöckler waren 1937 in Harzburg, D´Sunnstoana Glöckler 1938 in Goslar. 1938 durften (oder mussten) auch Ischler Glöckler in Berlin "altes Gut der Bergwelt aufzeigen", 1939 folgten die Ebenseer Glöckler.

Auch andere Vereine und Organisationen, wie Alttracht, Katholische Jugend, Pfadfinder, Feuerwehren, etc. stellten Glöcklerpassen zusammen, deren Kappenmotive oft den eigenen Verein und dessen Anliegen zeigten.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch die Politik sich dieser "Propagandaquelle" bediente und während der Nationalsozialismus-Zeit bald das Hakenkreuz in den Kappenmotiven zu finden war.

Selbst mit der Einführung der Prämierung der Ebenseer Passen 1968 durch die Gemeinde tat man dem Brauch nicht wirklich etwas Gutes: der Konkurrenzkampf um die größten und schönsten Kappen drängte den Brauch schon an den Rand einer Folkloreveranstaltung. 1978 wurde diese Prämierung wieder eingestellt.

Die rasche Ausbreitung in den letzten Jahrzehnten ließ auch so manchen anderen Unfug einreißen: so wurden bereits Firmensymbole und –aufschriften in den Kappenmotiven gesehen. Besonders in der Aberseer Gegend begann man schon ab dem 2. Jänner den mehrere Tage durchgeführten Glöcklerlauf, um möglichst viel Geld hereinzubekommen. Bei Regen oder Wind wurde einfach um eine Woche verschoben, um den Touristen die besten Rahmenbedingungen für diesen Event zu liefern oder um nicht zuviel Reparaturarbeit an den Kappen zu verursachen.

2009 gelang es einer Frauengruppe mit dem Leitspruch "Frauen sichtbar machen" einen hoch dotierten Förderpreis für die Zusammenstellung einer Glöcklerpass aus lauter Frauen zu erhalten. Dieses frauenpolitische Anliegen der "Provokation gegenüber der Dominanz der Männer" über diesen Brauch auszutragen, zeigt wie anfällig der zur Zeit sehr Publikumswirksame Brauch noch immer für politischen Populismus ist. Völlig am Ziel geht es auch deswegen vorbei, da sich ohnehin seit den letzten Jahren Frauen und Mädchen in die Glöcklertradition zu integrieren begannen. Sehen wollte man die Lichterkappen, hören das Geläut. Die Träger sollten möglichst unerkannt sein: darum das weiße Gewand und die Fransen, welche anstatt der früher gebräuchlichen Masken das Gesicht verdecken sollten.

9. Bestehende und geplante Maßnahmen zur Erhaltung und kreativen Weitergabe des Elements, z. B. im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, Bewusstseinsbildung, etc.

Mit der Aufnahme in die Liste als schützenswertes immaterielles Kulturerbe der UNESCO will man die Ursprünglichkeit und Einzigartigkeit des traditionellen Ebenseer Glöcklerlaufs aufzeigen und sich gegen die touristische und folkloristische, aber auch politische und werbetechnische Vereinnahmung abgrenzen.

Weiters sollen die künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten der Glöcklerkappenhersteller hervorgehoben und für die Nachwelt erhalten bleiben.

Durch das Selbstbewusstsein und die Ausübung des Brauchs in seiner oben beschriebenen Form und die Einbindung der Jugend in den Glöcklerlauf durch Bildung und Förderung eigener Kinder- und Jugendpassen, soll der Wert dieser Tradition und das Wissen um die hier gepflogene Ausübung ins Bewusstsein gebracht werden.